Ein Appell an unsere Generation

ACHTUNG: Dieser Artikel sollte kontrovers aufgefasst werden!

Zum Tag der EU-Wahlen am 9. Juni habe ich einen Text verfasst, um zum Wählen aufzurufen und auf die Gefahren sowie Missstände aufmerksam zu machen.

„Dies ist ein Brief an unsere Enkelinnen und Enkel, an Erstwählerinnen und Erstwähler, an alle Demokratinnen und Demokraten. Für Millionen von Euch ist die Europawahl die erste Wahl in Eurem Leben. Für viele von uns könnte es die letzte sein.“*

So die Einleitung des Briefes von Überlebenden des Zweiten Weltkrieges, appelliert an unsere Generation. Heute schreiben wir den 9. Juni 2024, für viele ein ganz normaler Sonntag, für andere die Chance auf Veränderung. Für mich als Erstwähler, jemand ,der noch nie zuvor in so einer Situation gesteckt hat, fühlt sich dies alles aufregend an. Man übernimmt, auch wenn es nicht so scheint, große Verantwortung und beschließt eine wichtige Entscheidung. Stehend in der Wahlkabine mit Herzklopfen oder voller Euphorie, drei Zettel: in rot, gelb und grau. Nur buntes Papier oder doch die Chance, etwas Weltbewegendes zu bewirken?

Zettel auffalten, Kreuz setzen und abgeben. So leicht dieser kurze Prozess auch beschrieben und vielleicht nichtsbedeutend erscheinend, liegt in diesem Moment unsere Zukunft in unseren Händen und dies nicht nur metaphorisch gemeint. In diesem Moment entscheiden wir nicht nur für uns, nicht nur für Freunde, sondern für uns alle, für Europa, für unsere Mitmenschen, für unsere Geschwister und für unsere zukünftigen Kinder. Wir haben eine Stimme, wir haben nur ein Jetzt und nur eine Zukunft. Es liegt in unserer Hand, ob wir sie gegen die Wand fahren oder Initiative ergreifen und für Veränderung sorgen wollen. 

Dies ist nicht nur der 9. Juni, ein Sonntag im Jahr 2024. Dies ist der Tag, an dem wir für morgen entscheiden und für die nächsten Jahre oder sogar Jahrzehnte. Seid laut, macht euch bemerkbar, kämpft gegen Unrecht an und für die, die keine Stimme haben. Sprecht für die, die nicht gehört werden. Schafft Veränderung, schafft ein besseres Morgen, damit wir nie wieder zulassen, dass Dinge wie Genozide, Unterdrückung und Hetze gegen Menschen stattfinden, die nichts anderes tun, außer Mensch zu sein. Die nichts anderes tun, außer, genauso wie wir, auf diesem Planeten zu existieren, zu lieben und zu sein. 

Jeder, der etwas bewirken will, hat heute die Chance dafür. Die Chance für Frieden zu sorgen, die Chance etwas zu verändern, die Chance auf eine bessere Zukunft und die Chance auf Hoffnung für eine bessere Welt. Denn: „Als die Rechten das letzte Mal an die Macht kamen, waren wir noch Jugendliche, teilweise Kinder. Sie versprachen, dieses Land wieder groß zu machen. Sie versprachen, dass die Deutschen zuerst kämen. Und sie fanden Schuldige für alles, was nicht funktionierte: die Juden, die Sinti und Roma, die Homosexuellen, die Menschen mit Behinderungen, die engagierten Demokraten. Schritt für Schritt wurden Millionen Menschen ihre Rechte entzogen, bis hin zu ihrem Recht auf Leben.

Wir konnten es damals nicht verhindern.

Aber Ihr könnt es heute.

Es fing nicht mit Konzentrationslagern an. Die Rechten sind damals nicht durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen, sondern auf demokratischem Wege. Zu viele haben sie unterschätzt, sie nicht ernst genommen. Und in wenigen Jahren wurde Frieden zu Krieg, wurde aus unserer Demokratie eine Diktatur. Deshalb wenden wir uns heute mit einer einfachen Botschaft an Euch:

Lang lebe die Demokratie.

Tun wir alles in unserer Macht Stehende dafür.

Denn so selbstverständlich, wie sie scheint, ist sie nicht. Wir müssen für sie kämpfen, jeden Tag. Wir müssen miteinander sprechen, aufeinander zugehen, den Schwächsten eine helfende Hand reichen.

Wir vertrauen dabei auf die Jugend.

Wir vertrauen auf Euch!

Wir bewundern Eure Lebensfreude, Euer Engagement für eine bessere und gerechtere Welt. Und wir verstehen auch Eure Frustration darüber, dass vieles in diesem Land und in dieser Welt nicht so läuft, wie es könnte. Doch glaubt uns, nicht zu wählen ist keine Lösung.

Demokratie sind wir alle. Jung und Alt. Großeltern und Enkel. Juden, Christen, Muslime, Atheisten. Es liegt an uns allen, dieses Land und dieses Europa zu dem zu machen, was wir uns erträumen. Millionen sind dieses Jahr bereits gegen Rechtsextremismus auf die Straßen gegangen, und das gibt uns Hoffnung. Ein vereintes, friedliches Europa ist ein wunderbares Geschenk für uns alle. Wir können uns gut an eine Zeit erinnern, als das undenkbar erschien.

Also: Gebt der Demokratie eine Chance. Geht wählen. Zeigen wir gemeinsam, dass „Nie wieder“ nicht nur eine Phrase ist, sondern ein Versprechen. Ein Versprechen, das auch heute gilt. Und morgen. Und für immer.“*

ERSTUNTERZEICHNENDE DES OFFENEN BRIEFES SIND:

Leon Weintraub, Holocaust-Überlebender und Bundesverdienstkreuzträger, 98 Jahre

Eva Umlauf, Holocaust-Überlebende und Bundesverdienstkreuzträgerin, 81 Jahre

Walter Frankenstein, Bundesverdienstkreuzträger und engagierter Zeitzeuge, 99 Jahre

Eva Szepesi, Holocaust-Überlebende und Bundesverdienstkreuzträgerin, 91 Jahre

Ruth Winkelmann, Bundesverdienstkreuzträgerin und aktiv engagierte Zeitzeugin, 95 Jahre

Renate Aris, Holocaust-Überlebende, Trägerin des Sächsischen Verdienstordens, 88 Jahre

Margit Korge, Holocaust-Überlebende und aktiv engagierte Zeitzeugin, 94 Jahre

Georg Stefan Troller, Bundesverdienstkreuzträger und Grimme-Preisträger, 102 Jahre

Nie wieder ist jetzt.

Nie wieder ist heute. 

*Textquelle: https://secure.avaaz.org/campaign/de/zeitzeugen_1_0s/ (letzter Aufruf: 16.06.2024).

Die Illustration stammt von Maurice Sonntag (Klasse 11).