Nur noch zwei Jahre Schule! Diesen Gedanken dürften viele Schülerinnen und Schüler haben, wenn sie mit der Jahrgangsstufe 11 auf die Zielgerade in Richtung Abitur einbiegen. Doch bevor es mit den schriftlichen und mündlichen Prüfungen in der Jahrgangsstufe 12 richtig anstrengend wird, gilt es bereits in der 11. Klasse einige Hürden zu meistern. Eine davon ist die sogenannte komplexe Leistung (kurz „KL“), eine Art Hausarbeit, welche aus mehreren Teilen, darunter einer schriftlichen Arbeit im Umfang von zirka 10 bis 15 Seiten sowie einer mündlichen Präsentation vor anderen Schülerinnen und Schülern, besteht. Im schriftlichen Teil sollten auch praktische Elemente wie Experimente oder Untersuchungen verarbeitet werden. Ziel dabei ist es, die Schülerinnen und Schüler auf ein Studium oder eine berufliche Ausbildung vorzubereiten, in der sie komplexe Aufgaben eigenständig lösen müssen.
Die Themen für die komplexe Leistung können sehr vielfältig sein. Von wissenschaftlichen Fragestellungen bis hin zur künstlerischen Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen ist dabei alles möglich. Das Thema und die betreuende Lehrkraft dürfen sich die Schülerinnen und Schüler selbst aussuchen. Hier bietet es sich an, auf ein Thema zu setzen, für das man sich wirklich interessiert oder die Leistung in einem für sich selbst günstigen Fach zu schreiben. Es gilt aber vor allem zu beachten: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst! Einige Lehrkräfte sind sehr beliebt und können daher nur eine begrenzte Anzahl von Schülerinnen und Schülern betreuen. Hier sollte man rechtzeitig das Gespräch suchen!
Da die Bewertung der letzten Arbeiten inzwischen abgeschlossen ist, hat uns als Schülerzeitung natürlich interessiert: Welche Erwartungen richten angehende Abiturienten an die komplexe Leistung und welche Erfahrungen haben die Schülerinnen und Schüler der 11. Klasse mit dem Organisieren und Schreiben ihrer Arbeiten gemacht? Dazu haben wir Ben Seifert und Nele Tanzhaus aus der 10. Klasse sowie Emilie Köhler, Lea Teller, Bruno Zimmermann, Luis Zenker und Ruben Jacob aus der Jahrgangsstufe 11 zum Interview getroffen*.
Was erhoffst du dir vom Verfassen der komplexen Leistung bzw. was hast du für Gedanken oder Erwartungen an dieses Format?
Ben: Erst einmal handelt es sich hierbei ja um dieses materialgestützte Schreiben, das haben wir mit Frau Schuster im Unterricht besprochen. Hier hatten wir eine ausführliche Stunde dazu, was man genau macht oder wie man an das Thema herangehen soll. Ich habe noch kein Thema, aber ich hätte Vorschläge für Themen. Ich erhoffe mir eigentlich davon eine Note in einem Fach, wo ich vielleicht nicht so gut bin und welches ich gern in mein Abi einbringen würde, sodass ich dadurch eine gute Note erhaschen kann.
Nele: Ich glaube, dass es insgesamt stressig wird. Ich habe schon ein bisschen Angst davor, weil ich nicht so gut darin bin, Langzeitaufträge in einer vorgegebenen Zeit zu bewältigen. Ich glaube, dass diese Zwischentermine mit den Lehrern zur Überprüfung günstig sind, damit man sich auch daran hält. Das finde ich gut, aber ich glaube, dass es neben dem Lernen noch eine zusätzliche „Belastung“ wird.
Hast du schon konkrete Ideen in Bezug auf Fach oder Thema?
Ben: Meine Leistung würde ich gerne in Deutsch verfassen und ich hätte zu den Ortsbeziehungen hier in der Umgebung geschrieben, also diese vogtländische Mundart, im Sinne von „Nauf nach Schöneck, nunder nach Adorf, nei nach Neikirng“. Zum einen, weil mich das selbst betrifft, zum anderen weil ich es auch interessant finde.
Nele: Nicht so richtig, da ich durch mein kommendes Auslandsjahr noch etwas Zeit habe, aber ich könnte mir vorstellen, dass ich über das Thema Epilepsie schreibe, da ich selbst davon betroffen bin. Das könnte ich dann im Fach Biologie absolvieren. Ich habe mir dazu aber noch nicht so viele Gedanken gemacht.
Was hast du für (persönliche) Ziele für deine komplexe Leistung?
Ben: Dass es nicht nur eine Arbeit wird, die der Lehrer liest, sondern dass die Arbeit auch unter Leute gerät und sozusagen nicht nur schulintern bleibt.
Nele: Also ich möchte mit der Themenwahl zufrieden sein, sodass ich auch etwas habe, das mir Spaß macht und es nicht zur „Qual“ wird, die ganze Zeit darüber zu schreiben.
Über welches Thema hast du in deiner komplexen Leistung geschrieben und wie bist du darauf gekommen?
Emilie: Mein Thema war „Sinneserweiternde Rauschmittel – Folgen und Auswirkungen des Konsums“ und ich kam darauf, weil es sich dabei um ein eigentlich wichtiges Thema handelt, über das man oft nur schlecht redet. Gerade in unserem Alter probiert man vielleicht einiges aus und daher finde ich es wichtig, aufzuklären, aber das Ganze auch kritisch zu hinterfragen. Deshalb habe ich im Fach GRW geschrieben, um auch auf positive Aspekte, zum Beispiel in der Medizin, einzugehen.
Lea: Ich habe über die Ultraschalldiagnostik in der Medizin geschrieben und ich bin durch meine Cousine darauf gekommen. Sie hatte mich mal zu einem Bild in einem alten Fotoalbum gefragt, was darauf zu sehen ist und da ich das wusste, konnte ich ihr diese Frage beantworten. Dann hat sie mich jedoch gefragt, wie dieses Bild überhaupt entsteht und darauf wusste ich keine Antwort. Ich hatte mal etwas von Wellen gehört und dass es etwas mit Physik zu tun hat, aber ich wollte mich näher damit beschäftigen.
Bruno: Also mein Thema war die Unternehmensflexibilität im Fach GRW in Bezug auf das Simson-Unternehmen, da ich selbst, wie viele andere Jugendliche auch, gerne Simson fahre. Dazu wollte ich einfach aufklären, wie denn das Unternehmen überhaupt entstanden ist, wie es so lange bestehen konnte und was sich inzwischen verändert hat.
Luis: Ich habe das Drama „Woyzeck“ analysiert und als Comic dargestellt. Ich bin darauf gekommen, weil ich einen praktischen Teil machen wollte, damit ich nicht so viel schreiben muss (lacht). Dann habe ich gemeinsam mit Frau Popp darüber nachgedacht und sie hat mich auf einen Wettbewerb für ein Cover zu „Woyzeck“ aufmerksam gemacht und dann habe ich das Ganze eingereicht.
Ruben: Ich habe einen Vergleich zwischen der Beschreibung der Weltentstehung in der Bibel und in der griechischen Mythologie geschrieben und ich kam darauf, weil ich mich schon früher mit diesen Dingen beschäftigt habe und selbst christlich bin. Deshalb dachte ich, dass mir das Thema leichtfallen könnte.
Was ist euch beim Planen und Verfassen eurer komplexen Leistung besonders schwer- bzw. besonders leichtgefallen?
Luis: Da waren natürlich viele spezifische Dinge, die mir sehr schwergefallen sind. Vor allem wenn es darum geht, das Buch „Woyzeck“ zu analysieren, da die Sprache sehr schwer zu verstehen ist und man natürlich versuchen muss, sich in die Figuren hineinzuversetzen. Mir ist es aber auch schwergefallen, den Text an sich zu schreiben und dabei immer wissenschaftlich und nüchtern vorzugehen, sodass wenig eigene Meinung eingebracht wird. Der zeichnerische Teil ist mir dabei im Vergleich recht leichtgefallen.
Lea: Ich musste erst einmal meine Buchquellen sortieren, die sehr komplex und schwierig waren. Mein praktischer Teil war ein Interview, sodass es schwierig war, alles miteinander zu verbinden und zu strukturieren. Das Interview an sich hat sich aber schnell ergeben und war recht leicht zu führen.
Bruno: Ähnlich wie bei Luis. Es ist natürlich schwierig, sich in historisch weit zurückliegende Zeiten hineinzuversetzen, weil man das Vorstellungsbild von damals einfach nicht hat. Besonders leicht ist mir das Finden von Formulierungen und Zusammenhängen gefallen, weil ich mich natürlich in meiner Freizeit auch damit auseinandergesetzt habe. Dadurch kann man auch ein paar Grundgedanken besser nachvollziehen. Bildlich gibt es dazu viel Material, sodass man sich darunter leicht etwas vorstellen kann.
Emilie: Mir ist es schwergefallen, erst einmal einen Anfang zu finden, weil man dabei sozusagen beim „Urschleim“ anfangen und die grundlegenden Dinge klären muss: Was ist eine Droge? Worin unterscheiden sich die verschiedenen Substanzen? Auch seriöse Quellen dafür zu finden, fand ich sehr schwer. Leichtgefallen ist mir zum Beispiel der Besuch der Selbsthilfegruppe. Dort sieht man dann auch die Realität, sodass man diese Menschen besser verstehen kann.
Ruben: Besonders schwer ist mir das Nacherzählen der Bibel gefallen, weil man schon das Geschriebene vorliegen hat, dies aber nicht so einfach abschreiben kann. So muss man sich selbst Gedanken machen, wie man das Ganze erklärt und Zitate einbauen. Leicht ist mir das Finden einer Gliederung gefallen, weil ich vorher schon wusste, worüber ich speziell schreiben möchte.
Was würdet ihr den zukünftigen 11ern für Tipps geben, wenn es um die Themenfindung geht?
Emilie: Auf jeden Fall ein Thema zu nehmen, das man auch interessant findet und wo man zum Beispiel schon etwas weiß. Wichtig ist aber vor allem, dass es ein Thema ist, zu dem man auch etwas erfahren möchte, sonst ist es eine Qual, darüber so viel zu schreiben und zu recherchieren.
Bruno: Man muss zwischen Gut und Schlecht abwägen. Man muss aufpassen, dass man ein Thema nimmt, wofür man sich begeistern kann, muss dies aber trotzdem in so einer Arbeit niederschreiben. Dann verliert man vielleicht auch irgendwann die Lust daran und kann es nicht mehr sehen. Deswegen sollte man am besten im Voraus ein paar Themen sammeln und dann schauen, was aktuell ist und ob man dazu viele Informationen bekommt.
Lea: Es sollte ein Thema sein, das erforscht ist und wo es auch Quellen dazu gibt, auf die man sich stützen kann, sodass man sich auch etwas darunter vorstellen kann. Vor allem was den praktischen Teil betrifft, um das Schriftliche praktisch auch umsetzen zu können.
Nun zur letzten Frage: Welche allgemeinen Tipps habt ihr für die 11er, wenn es um die Organisation, Zeitplanung und das Management der Arbeit geht?
Emilie: Auf jeden Fall ein geplantes Zeitmanagement, sodass man nicht erst kurz vor knapp beginnt. Hier muss aber – meiner Meinung nach – jeder seinen eigenen Weg finden. Manchen fällt es leichter, schon sehr zeitig damit zu beginnen, andere schreiben lieber an einem Stück innerhalb kurzer Zeit. Grundsätzlich sollte man sich aber nicht unter Druck setzen lassen. Jeder findet seinen eigenen Weg und sollte sich bewusst Zeit dafür nehmen, sodass man sich auch über einen längeren Zeitraum intensiv mit dem Thema beschäftigt.
Bruno: Man sollte in Bezug auf den Schreibprozess auf jeden Fall deutlich früher anfangen, weil man dann die Möglichkeit hat, auch mal eine Pause einzulegen, wenn der Kopf voll ist. Dann kann man über einige Dinge nachdenken und sich das bisher Geschriebene nochmal in Ruhe durchlesen. Wenn es um das Recherchieren geht und man sich ein Thema ausgesucht hat, wofür man sich begeistern kann, ist es auch hilfreich, erst einmal alles abzuspeichern, was man findet und diese Quellen später zu sichten.
Luis: Wenn man so einen praktischen Teil macht, wie ich, dann ist es zu empfehlen, vorher den Rahmen festzulegen (lacht). Das ist natürlich sehr schwer. Man hat zum einen mehr Arbeit, ich hatte zum Beispiel viel mehr Arbeit als die anderen und auch viel mehr Zeit investiert, aber andererseits hat es sich – glaube ich – auch gelohnt, da ich etwas habe, das man sich anschauen kann. Darauf kann man stolz sein, aber man muss viel Zeit investieren. Ich habe allein für den Comic, der 40 Seiten umfasst, ungefähr 130 Stunden gebraucht, aber zu diesem Zeitpunkt war noch kein Text geschrieben (lacht). Aber es ist trotzdem etwas ganz Tolles, das ich jedem empfehlen würde.
Lea: Ich habe es als positiv empfunden und ich glaube, das ging auch Herrn Tröger so, dass wir immer sehr viel über das Thema gesprochen haben. Wir haben in sehr kurzen Zeitabständen Dinge besprochen. So war ihm inhaltlich klar, was er lesen wird, denn ich glaube, dass das auch für die Lehrer von Vorteil ist. Wir sind dann auch auf die Idee gekommen, dass wir Plakate machen könnten oder eine Schülerumfrage. Es war ähnlich wie bei Luis, sodass es zeitlich etwas ausgeartet ist. Aber ich denke, das war es wert. Ich wollte gerne über die Umfrage an die Schüler etwas zurückgeben. Ich denke auf jeden Fall, dass die Kommunikation da sehr wichtig ist.
Ruben: Uns wurde von den Lehrern geraten, schon in den Herbstferien anzufangen. Ich muss sagen, dass ich etwas spät angefangen habe. Ich bin zwar rechtzeitig fertig geworden, aber wenn ich einen Rat geben würde, wäre es, bereits in den Herbstferien anzufangen. Man muss ja nicht schon mit dem Schreiben beginnen, aber das Material kann man schon sammeln oder sich mit den Lehrern absprechen, damit man einfach schon mal ein bisschen Puffer hat, falls doch etwas dazwischenkommt. Dann kann man auch mal im Erarbeitungsprozess eine Pause machen.
Wir bedanken uns als Schülerzeitung für den spannenden Austausch und bei allen interviewten Schülerinnen und Schülern für ihr Interesse und ihre Zeit!
* Die Interviews mit Ben und Nele wurden aus Zeitgründen an unterschiedlichen Terminen geführt, zur Vereinfachung des Leseflusses jedoch hier zusammengefasst.
Verfasst von Frau Mahrla mit tatkräftiger Unterstützung von Antonio Hellinger.