„Denn wir wollen nicht vergessen.“ – Stolpersteinverlegung in Markneukirchen

Am 8. Mai versammelte sich eine kleine Gruppe von Menschen vor dem Haus „Markt 18“ in Markneukirchen. Unter ihnen Bürgermeister Toni Meinel, Pressevertreter, Lehrerinnen und Lehrer des Gymnasiums, Schülerschaft. Nahezu jeder blickte neugierig auf das Kopfsteinpflaster vor dem Haus, als gäbe es dort etwas Interessantes zu sehen. Dieses Bild mochte für Außenstehende zunächst seltsam angemutet haben, jedoch ereignete sich an diesem Tag um 12 Uhr vor dem Haus „Markt 18″ etwas ganz Besonderes. Es wurde der letzten jüdischen Familie in Markneukirchen, der Familie Brandt, mit der Verlegung von Stolpersteinen gedacht.

Schüler der 10. Klasse des gesellschaftswissenschaftlichen Profils
Die Stolpersteine vor ihrer Verlegung

Die Idee der Stolpersteine ist nicht neu. Seit 1992 verlegt ihr Schöpfer, der Künstler Gunter Demnig, die kleinen Gedenktafeln überall auf der Welt, immer vor dem letzten Wohnhaus jüdischer Menschen, welche durch die Schoa aus dem Leben gerissen wurden. Das Besondere in Markneukirchen ist jedoch, dass die Stolpersteinverlegung in Zusammenarbeit mit dem gesellschaftswissenschaftlichen Profil des Gymnasiums Markneukirchen zustande gekommen ist. Die Schülerzeitung berichtete bereits mehrfach über dieses Projekt.

Gunter Deming, Stefan Worbs und Toni Meinel
Luca Reiher, Tammo Puggel und „Krass Brass“

Mit „Ode an Europa“ eröffnete die Bläsergruppe „Krass Brass“ die Gedenkveranstaltung. Gemeinsam mit dem Bürgermeister Toni Meinel begrüßten Tammo Puggel und Luca Reiher der Klasse 10 des Gymnasiums die Anwesenden. Werner Pöllmann, ehemaliger Lehrer an der Schule, hielt anschließend einen kurzen Vortrag über den Nationalsozialismus in Markneukirchen, um nachvollziehbar zu machen, wie furchtbar diese Zeit für Andersdenkende, Verfolgte oder Ausgestoßene gewesen sein muss. Er hatte sich bei Reisen um den Globus ausführlich mit der Erforschung jüdischen Lebens im Vogtland beschäftigt. Im Anschluss daran stellten Tammo Puggel und Luca Reiher die Familie Brandt vor, berichteten von ihrem Leben in Markneukirchen, ihrer Flucht nach Kuba und der anschließenden Ankunft in Frankreich (Kuba nahm zu dieser Zeit keine geflüchteten Juden mehr auf) bis Johannes, seine Frau Lina und ihr erst fünfjähriger Sohn Dieter schließlich 1942 in Auschwitz den Tod fanden.

Während dieser bewegenden Worte verlegte der Künstler Gunter Demnig die drei Steine vor dem letzten Wohnhaus der kleinen Familie. Nachdem „Krass Brass“ der Veranstaltung einen würdigen Rahmen verliehen hatte, strömte die inzwischen größer gewordene Menschengruppe an den Ort der Gedenkens, um innezuhalten und die Erinnerung an das Leben der Familie Brandt kurz auf sich wirken zu lassen.

Wir bedanken uns bei Herrn Stefan Worbs und den Schülerinnen und Schülern des gesellschaftswissenschaftlichen Profils in Zusammenarbeit mit der Stadt Markneukirchen für die Durchsetzung dieser Idee, den Künstler Gunter Demnig für die Verlegung der Steine sowie den Heimatverein Markneukirchen für die finanzielle Unterstützung. Abschließend muss der Mut all derjenigen gewürdigt werden, die sich an diesem Maitag zusammengefunden haben, um den Jüdinnen und Juden in der Zeit des Nationalsozialismus zu gedenken. Vor allem der Vielzahl junger Menschen, die keine Scheu davor haben, Zeiten wie diesen, in denen Intoleranz, Diskriminierung, Antisemitismus und Rassismus sich zunehmend in unseren Alltag drängen, die Stirn zu bieten. Für alle Schülerinnen und Schüler war es ein freier Tag ohne Schule und dennoch haben sie sich die Zeit genommen, an dieser Veranstaltung aktiv mitzuwirken. Bürgermeister Toni Meinel hat es treffend zusammengefasst: „Denn wir wollen nicht vergessen.“

Die eindrucksvollen Fotos wurden von Frau Wurlitzer aufgenommen und uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Danke dafür!